Hessisches Ministerium der Finanzen

Hessen gibt in Berlin Einblick in die HESSENKASSE

Dr. Thomas Schäfer, Hessischer Minister der Finanzen
Dr. Thomas Schäfer, Hessischer Minister der Finanzen

Das Land diskutiert mit Fachleuten aus Politik, Wissenschaft und Verwaltung über die Frage: Wie können wir mit kommunalen Altschulden umgehen?

Mit der Diskussionsveranstaltung „Ein Jahr HESSENKASSE - ein Werkstattbericht" gab Hessen nun auch in Berlin einen Einblick in die Tilgung kommunaler Altschulden im eigenen Bundesland. Zugleich lieferte die Veranstaltung damit einen Anstoß für die bundesweite Debatte:
„Wie können wir in Deutschland mit kommunalen Altschulden umgehen?“ Über diese und weitere Fragen diskutierten Hessens Finanzminister Schäfer und der Staatssekretär im Hessischen Ministerium des Innern und für Sport Heck mit dem Wirtschaftsweisen Professor Feld, dem Sprecher der Geschäftsleitung der Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen Milde, dem Präsidenten des Hessischen Städtetags und Oberbürgermeister der Stadt Kassel Geselle sowie dem rheinland-pfälzischen Bundestagsabgeordneten Steiniger.

Erfolgreiche Tilgung von Lasten

„Mit der HESSENKASSE tilgen Land und Kommunen zusammen erfolgreich die Lasten der Vergangenheit, um in Gegenwart und Zukunft handlungsfähig zu bleiben. Die HESSENKASSE ermöglicht unseren Landkreisen, Städten und Gemeinden einen finanziellen Neustart durch die Ablösung ihrer Kassenkredite. Über die HESSENKASSE wurden 179 Kommunen mit insgesamt fast 5Milliarden Euro an kommunalen Kassenkrediten entschuldet. Dabei ist es nicht nur gelungen, alle zum Abbau von Altfehlbeträgen verpflichteten Kommunen über einen vertretbaren Zeitraum zu realistischen und zumutbaren Bedingungen bei ihren Eigenanstrengungen zum Kassenkreditabbau zu unterstützen. Gleichzeitig wirkt die HESSENKASSE auch nachhaltig einer zukünftigen Verschuldung der Kommunen entgegen. Mit einer Änderung der kommunalrechtlichen Vorschriften soll sichergestellt werden, dass Kassenkredite auf ihre Funktion als kurzfristiger Liquiditätskredit zurückgeführt werden. Damit packen wir in Hessen das Problem an der Wurzel an“, so Finanzminister Dr.Thomas Schäfer.
„Und nicht nur das: Die HESSENKASSE hilft mit ihrem Investitionsprogramm auch Kommunen, die sparsam gewirtschaftet haben und trotz begrenzter Mittel ohne Kassenkredite ausgekommen sind, wichtige Projekte anzupacken. Rund 700Millionen Euro können Hessens Kommunen dank der HESSENKASSE vor Ort investieren“, gab Hessens Finanzminister einen Einblick in die grundlegende Systematik der HESSENKASSE.

Thema von bundesweiter Brisanz

Dabei ist das Thema der kommunalen Verschuldung ein Thema von bundesweiter Brisanz: „In ganz Deutschland schränken in vielen Kommunen gewaltige Schuldenberge die finanzielle Handlungsfähigkeit vor Ort ein. Zahlreiche Kommunen haben in Jahren und Jahrzehnten insbesondere hohe Kassenkredite angehäuft. In Hessen haben sich die gemeinsamen Anstrengungen von Kommunen und Land gelohnt. Die Überschuldung der hessischen Kreise, Städte und Gemeinden hat dank der HESSENKASSE ein Ende. Wir sehen nun, dass sich unser Angebot durch die HESSENKASSE, die klaren Zielvorgaben der kommunalen Finanzaufsicht und der disziplinierte Konsolidierungskurs in den Kommunen auszahlt. In Partnerschaft mit den Kommunen haben wir für eine generationengerechte Haushaltsführung gesorgt, die unseren Kommunen wieder wichtige Spielräume eröffnet, um in die Zukunft investieren zu können“, berichtete Finanzminister Schäfer.

Hessens Innenstaatssekretär Dr. Stefan Heck ergänzte: „Unseren Bürgerinnen und Bürgern sowie den nachfolgenden Generationen sind wir zu verantwortungsvollem Haushalten verpflichtet. Mit der vor einem Jahr auferlegten HESSENKASSE haben wir den Kommunen den nachhaltigen Ausstieg aus der Schuldenspirale geebnet. Für die Konsolidierung der Haushalte wurden zudem die erforderlichen gesetzlichen und aufsichtlichen Maßnahmen getroffen und damit sichergestellt, dass es eine Verschuldungspraxis aufgrund von Kassenkrediten zukünftig nicht mehr geben wird. Damit ermöglichen wir unseren Kommunen die Wiedererlangung ihrer Haushaltssouveränität. Die Resonanz auf die HESSENKASSE ist eine deutliche Bestätigung unserer Bemühungen, gemeinsam mit den Kommunen zu einem nachhaltigen Wirtschaften zu gelangen. Ausgeglichene Haushalte und eine tragfähige Begrenzung von Kassenkrediten sind der richtige Weg, den nachfolgenden Generationen Handlungsspielräume statt Schuldenberge zu hinterlassen.“

Die HESSENKASSE – ein bundesweites Vorbild?

Der Bund bietet im Rahmen der Ergebnisse der Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ an, sich an der Tilgung kommunaler Altschulden zu beteiligen. Die Diskussion darüber wird derzeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen engagiert geführt. „Die HESSENKASSE zeigt, wie erfolgreich man sein kann, wenn Land und Kommunen gemeinsam handeln. Mit dem Begriff ‚historisch‘ gehe ich sorgsam um. Die HESSENKASSE ist aber sicher eine historische Chance für Hessens Kommunen, die Verschuldung hinter sich zu lassen. Das hessische Modell der Entschuldung täte auch Kommunen in anderen Bundesländern gut“, betonte Finanzminister Schäfer.

„Wir Hessen sind den anderen Ländern einen Schritt voraus. Als einziges Bundesland haben wir das Problem der kommunalen Altschulden bereits erfolgreich gelöst. Es gilt nun auch für alle übrigen betroffenen Bundesländer, die Gunst der Stunde zu nutzen. Die Zinsen befinden sich auf einem historisch niedrigen Niveau. Es freut mich, dass das Saarland Ende Oktober den sogenannten Saarlandpakt beschlossen hat. Mit diesem Entschuldungsprogramm will das Land die Hälfte der kommunalen Kassenkredite übernehmen. Das ist ein mutiger Schritt und zeigt, dass es auch für ein Land, das unbestreitbar vom Strukturwandel betroffen ist, Möglichkeiten gibt, sich in Eigeninitiative der Altschuldenproblematik zu stellen“, erklärte Dr. Thomas Schäfer.

Hessen gilt vielen als Vorbild im Umgang mit kommunalen Schulden. Positiv äußerte sich bei der Veranstaltung in Berlin auch erneut ProfessorDr. Dr. h.c. Lars P. Feld, Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftspolitik und Ordnungsökonomik an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Direktor des Walter Eucken Instituts und Wirtschaftsweiser, d.h. Mitglied des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung: „Die Hessenkasse ist eine Möglichkeit, wie die Länder mit Schuldenproblemen ihrer Gemeinden, insbesondere den Kassenkrediten, umgehen können. Hessen zeigt Verantwortung für seine Kommunen. Der Bund hat hingegen keine Verantwortung für kommunale Altschuldenprobleme und sollte sich daher nicht an deren Finanzierung beteiligen.“

Der Sprecher der Geschäftsleitung der Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen (WIBank) Gottfried Milde erklärte: „Als Förderbank des Landes ist es unsere Aufgabe, ganz Hessen weiterzuentwickeln. Mit der HESSENKASSE sind wir einen wichtigen Schritt gegangen, indem wir Kommunen neue Handlungsspielräume und Investitionen ermöglichen. Das große Interesse anderer Bundesländer beweist die Tragfähigkeit und Bedeutung eines solchen Entschuldungsprogramms. Doch die reibungslose Umsetzung dieses Großprojektes ist keinesfalls selbstverständlich und zeigt einmal mehr, dass die WIBank ein verlässlicher Partner für das Land Hessen ist.“

Der Präsident des Hessischen Städtetags und Oberbürgermeister der Stadt Kassel Christian Geselle sagte: „Die HESSENKASSE war ein gutes Programm für die hessischen Kommunen, die dadurch ihre Schulden verringern und zugleich investieren konnten. Die Stadt Kassel benötigte die HESSENKASSE nur bedingt. Denn Kassel war und ist stark genug, dass wir die Kassenkredite im Sommer 2018 aus eigener Kraft vollständig zurückfahren konnten. Insgesamt haben wir die Verbindlichkeiten insofern reduziert, dass der Kernhaushalt derzeit noch Schulden in Höhe von 374 Millionen Euro aufweist. Das entspricht einer Pro-Kopf-Verschuldung in Höhe von etwa 1.824 Euro. Vor acht Jahren waren wir bei fast 800 Millionen Euro Schulden im Kernhaushalt. Gleichwohl erhielt Kassel rund 24 Millionen Euro aus der HESSENKASSE, die wir für zusätzliche Investitionen einsetzen konnten.“
Der rheinland-pfälzischen Bundestagsabgeordnete Johannes Steiniger, Mitglied im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages, sagte: „Die Verantwortung für die Altschulden der Kommunen liegt ganz klar bei den Ländern. Für weitere strukturelle Hilfen des Bundes sehe ich keine finanziellen Spielräume. Gerade die Große Koalition hat die Länder und Kommunen in den letzten Jahren an vielen Stellen entlastet."

„Ich kann die Argumente des Bundes und die Perspektive aus der Wissenschaft durchaus verstehen. Gleichwohl ist es wichtig, dass sich der Bund bereit erklärt, die Länder beim Abbau der kommunalen Altschulden zu unterstützen. Dies ist ein richtiges Zeichen: Der Bund stellt sich seiner gesamtstaatlichen Verantwortung. Grundsätzlich müssen von dem Geld, das der Bund nun in Aussicht gestellt hat, alle von hoher Kassenkreditverschuldung ursprünglich betroffenen Länder gleichermaßen profitieren. Wir haben uns in Hessen bereits erfolgreich der Altschuldenproblematik gestellt. Diese Eigeninitiative darf nun aber nicht bestraft werden!“, betonte Finanzminister Thomas Schäfer.

Kassenkredite und die HESSENKASSE

Eigentlich zur Überbrückung kurzfristiger Liquiditätsengpässe gedacht, hatten sich Kassenkredite vor allem seit der Finanz- und Wirtschaftskrise in vielen Kommunen auch in Hessen faktisch zu einem dauerhaften Finanzierungsinstrument entwickelt. Lag der Kassenkreditbestand 2008 noch bei 3,2 Milliarden Euro war er 2016 bis auf 6,3 Milliarden Euro angestiegen. Seit 2012 arbeitet das Land kontinuierlich am Abbau der Kassenkreditverschuldung. Nach dem Kommunalen Schutzschirm, mit dessen Hilfe seit 2013 bei besonders konsolidierungsbedürftigen Kommunen rund 2,8 Milliarden Euro an Investitions- und Kassenkrediten getilgt wurden, hat Hessen mit der HESSENKASSE ein bundesweit einmaliges Programm zur Entschuldung der hessischen Kommunen von Kassenkrediten und zur Förderung kommunaler Investitionen geschaffen. „Die Entschuldung durch die HESSENKASSE ist gut für Hessens Kommunen und sie ist zu schaffen. Die HESSENKASSE ist zudem flexibel genug, um auf besondere Situationen vor Ort im Einzelfall eingehen zu können. Über 95 Prozent der Kommunen können ihren Beitrag zum Abzahlen der eigenen Schulden leisten“, erläuterte Finanzminister Schäfer. Insgesamt haben die Kommunen seit Start der HESSENKASSE einen Eigenanteil von rund 139 Millionen Euro gezahlt. Das Land gibt 2019 für die Tilgung der kommunalen Schulden 145Millionen Euro aus.

So wirkt die HESSENKASSE: Zahlen des Statistischen Bundesamtes

Zahlen des Statistischen Bundesamtes belegten jüngst die Wirkung der HESSENKASSE über Hessen hinaus. In der Pressemitteilung Nr. 352 vom 12.September 2019 zur Entwicklung der Kassenkredite der kommunalen Kernhaushalte 2018 bundesweit heißt es:

„Zum Jahresende 2018 hatten die Kernhaushalte der Gemeinden und Gemeindeverbände 35,2 Milliarden Euro an offenen Kassenkrediten beim nicht-öffentlichen Bereich (Kreditinstitute sowie sonstiger inländischer und ausländischer Bereich). Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, hat sich die Verschuldung der Kommunen im Bereich der Kassenkredite damit gegenüber dem Jahresende 2017 um 16,7 % beziehungsweise 7,1 Milliarden Euro verringert. Hier ist jedoch zu berücksichtigen, dass die hessische Landesregierung im Jahr 2018 mit dem Programm „Hessenkasse“ rund 4,8 Milliarden Euro kommunaler Kassenkredite vom Land abgelöst hat, die jetzt nicht mehr in der Schuldenstatistik nachgewiesen werden. Ohne diese Ablösung hätte sich der Stand der Kassenkredite der kommunalen Kernhaushalte nur um 5,5 % verringert.“

Auch angesichts dieser Zahlen sorgt die HESSENKASSE bundesweit für Aufsehen.

„Historisch“ und von „immenser Signalwirkung“ sei die Entschuldung durch die HESSENKASSE, sagt etwa die unabhängige Bertelsmann Stiftung in ihrem Kommunalen Finanzreport 2019.

In ihrem aktuellen Bericht für Hessen hebt die Ratingagentur Standard & Poor’s die Unterstützung der Kommunen durch das Land hervor. Standard & Poor’s schreibt (eigene Übersetzung aus dem Englischen):
„Anders als die Mehrzahl der Bundesländer hat Hessen mit dem ‚Kommunalen Schutzschirm‘ und der ‚Hessenkasse‘ bereits zwei gezielte Maßnahmen zur finanziellen Stärkung seiner Kommunen umgesetzt und legt mit ‚Starke Heimat Hessen‘ gerade ein weiteres kommunales Programm zur Verringerung von Finanzkraftunterschieden auf.“

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